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Wunder des Erzengels Michael auf Thasos (Teil 2)

Wunder des Erzengels Michael auf Thasos

 

Teil 2 

Die Gegenwart und die Wunder des Erzengels Michael an diesem Ort sind eng auch mit der Geschichte des kostbaren Nagels verbunden, der wie bereits gesagt ebenso eine Quelle der Freude und Heilungen vieler ist, die ihn mit Glauben und Gottesfurcht verehren.

In den ersten Jahren der Unterdrückung unseres Volkes durch die Türken wurden allen Klöstern hohe Steuer auferlegt, die eine wirkliche Geißel waren. Unter anderem war auch das Kloster Philothéou auf dem Heiligen Berg in eine große wirtschaftliche Notlage und Entbehrung auch des Notwendigsten gekommen. Deshalb beschlossen sie, eine Gruppe von drei Mönche unter der Leitung des ehrwürdigen Priestermönches Gavriíl (Gabriel) zu schicken, sie sollten zu den Herrschern auf dem Balkan reisen, die immer wieder dem Heiligen Berg sehr geholfen haben.

Die Mönche nahmen auch die wichtigsten heiligen Schätze des Klosters als Segen und zur Verehrung mit sich. Unter anderem war auch ein Teil des ehrwürdigen Nagels (der in die rechte Hand Christus geschlagen worden war), ein Geschenk des Kaisers Nikifóros Votaniátis, – der es dem Kloster mit einer Goldbulle gestiftet hatte – und ein Teil der heiligen Reliquien des heiligen Panteleímon.

So fuhr die Reisegruppe der Mönche mit einem Schiff nach Konstantinopel, um von dort mit patriarchalischen Empfehlungsschreiben für die Herrscher der Donaulä

nder und die dortigen Bischöfe versehen zu werden.

Als sie aber fünf Meilen gefahren waren, trieb sie ein starker Wind nach Thásos ab und brachte sie mit großer Gewalt in das Gebiet des Erzengels, wo sich auch das Metóchi (Klostergut oder Filialkloster) des Klosters Philothéou “In den Tiefen des Flusses” befindet. Halbtod vor Furcht und der Strapaze machten sie dort das Schiff fest und stiegen zum Klostergut, um sich ein wenig auszuruhen, bis sich der Meeressturm gelegt hat. Außerhalb der Kirche zündeten sie ein Feuer an und ließen sich sorglos nieder.

In jener Nacht aber kamen Piraten, die sich in den Meeren herumtrieben und alles, was sie vorfanden, zerstörten aus Gier nach Geld und wertvollen Gegenständen. Als sie das Schiff verankert am Strand und hoch oben das Feuer sahen, sprangen sie an Land und töteten alle Mönche und Seeleute. Nach göttlichem Plan jedoch gelang es einem von ihnen in der Zeit, in der jene wilden Unmenschen die Mönche quälten und Geld aus ihnen erpressten, das Kästchen mit dem kostbaren Nagel und der Reliquie des Heiligen Panteleímon in einer Wand der Kirche zu versteckten. So wurden diese heiligen Gegenstände gerettet und von den Piraten nicht verbrannt, die in zerstörerischer Manie an die Kirche und die Gebäude ringsum Feuer legten.

Deren Entdeckung nach langer Zeit geschah folgendermaßen: Ein gewisser Ioánnis war viele Jahre krank und konnte keinerlei Therapie für seine Krankheit finden. Einige Nächte sah er in seinem Traum den Erzengel Michael, der in dazu antrieb, zum Weihwasser der “Knienden” zu gehen um geheilt zu werden. Also stand er auf und erzählte den Angehörigen seinen Traum.

Sofort nahmen ihn seine Verwandten und brachten ihn zum Weihwasser, wo er sich wusch und vollständig gesund wurde. Aus Dankbarkeit und Freude über seine Heilung, wollte er die zerstörte Kirche wieder aufbauen. Er beauftragte also Bauleute, die beim Versuch, die Wände zu abzutragen um neue Fundamente zu legen, im Abriss der Wand das Kästchen mit den heiligen Schätzen fanden. Sie überlegten miteinander es zu verbergen, da der silberne Schrein einen Wert hatte, und nur die heilige Reliquie dem geistlichen Vater von Philotéou Theonás zu geben, der damals im Klostergut des Klosters Philothéou im Dorf Theológos wohnte.

Den kostbaren Nagel unseres Erlösers Christus, der in einem hölzernen Kreuz eingefasst war, ließen sie auf einem wilden Olivenbaum, der neben der Kirche des Erzengels wuchs. Die heilige Reliquie des heiligen Panteleímon gaben sie dem Mönch von Philothéou und erzählten ihm Lügen, dass sie nur diese unter einer Fliese gefunden hätten, ohne einen silbernen Schrein und ohne den kostbaren Nagel. Wiederum nach göttlichen Zulassung wurden sie von Dämonen besessen, und aus Angst vor der gerechten Strafe gaben sie auch den silbernen Schrein zurück. Sie vergaßen aber völlig, dass sie auf dem wilden Olivenbaum das hölzerne Kreuz mit dem kostbaren Nagel gelassen haben.

Ein Schäfer namens Geórgios, der seine Schafherde in diesem Gebiet nahe der Kirche hatte, sah jede Nacht ein Licht, das wie ein Stern leuchtete. Am Tag ging er hin, aber sah nichts. Eines Nachts nahm er auch seinen Knecht mit, und sie gingen zum wilden Olivenbaum, und als sie das Leuchten sahen, fürchteten sie sich und kletterten nicht auf den Baum. Sie liefen sofort weg ins Dorf Theológos und meldeten das Geschehen dem geistlichen Vater Theonás.

Der geistliche Vater verstand aufgrund der jüngsten Ereignisse der Ermordung der Mönche und des Wiederaufbaus der Kirche durch Ioánnis, dass dort auf dem Wildolivenbaum das Kreuz mit dem kostbaren Nagel zurückgeblieben sein musste. Tatsächlich gingen sie zur Kirche und fanden das Kreuz mit der Kostbarkeit auf dem Baum. Sie nahmen es mit großer Frömmigkeit und Ehrfurcht und brachten es mit einer Prozession in das Dorf Theológos, wo alle Einwohner aus dem Dorf liefen, um ihnen entgegenzukommen. Anschließend brachten sie es in das philotheïtische Metóchi des Theologen. Viele Wunder geschahen damals.

Als man die Ereignisse im Kloster Philothéou erfuhr – damals war es Kinóvion (Gemeinschaftskloster mit Gütergemeinschaft und Abt) -, schrieben sie dem geistlichen Vater Theonás, er möge den kostbaren Nagel nehmen und ins Kloster Kirche zurückzubringen. Der geistliche Vater brachte entsprechend dem Befehl des Abtes den kostbaren Nagel zum Heiligen Berg (Athos).

Damals zeigte sich der Erzengel dem Abt in seinem Schlaf und drohte ihm in dezidierter und gebieterischer Weise, dass er den kostbaren Nagel zum Schutz der Christen zurückzuschicken habe. Jener aber zögerte und schob es auf, ihn zu schicken. Wieder erschien ihm der Erzengel in seinem Schlaf in noch furchterregenderer Weise und befahl ihm, den kostbaren Nagel wieder nach Thásos zurückzuschicken und das nicht zu behindern oder jemals die Rückkehr zu verlangen mit der Drohung, falls er nicht gehorche, ihn selber zu nehmen. Genau so geschah es dann auch.

Nach so viel Druck ging der Abt in die Sakristei, um den kostbaren Nagel zu holen, und fand ihn zu seiner Überraschung nicht dort. Er verstand sofort, dass der Erzengel entsprechend dem Traum ihn auf wunderbare Weise selbst genommen hatte; er ließ zum geistlichen Vater Theonás schicken, um den kostbaren Nagel zu suchen.

Genau in jenen Tagen sah der Schäfer, der das Licht auf dem Wildolivenbaum gesehen hatte, wieder einmal jenes Licht noch leuchtender und informierte im Dorf Theológos den philotheïtischen Mönch zu kommen um ihn (den kostbaren Nagel) zu holen. So kamen alle mit Prozession und Gefolge und übernahmen die Kostbarkeit und brachten sie in das Metóchi des Klosters in Theológos wie auch bei der ersten Auffindung. Es war damals – als die zweite Auffindung des kostbaren Nagels nach seiner Übertragung vom Erzengel höchstpersönlich nach Thásos geschah – Ostermontag. So wurde beschlossen, dass am Dienstag der “Lichten Woche” der Erzengel Michael zusammen mit dem kostbaren Nagel als jährliches Patrozinium gefeiert wird.

Seit damals kommen jedes Jahr (am Abend des Ostermontags) die Bewohner von Theologos zur Erinnerung an das Wunder und tragen in einer Prozession den kostbaren Nagel zusammen mit der Ikone des Erzengels, feiern einen ganznächtlichen Gottesdienst, und am Dienstagmorgen der Lichten Woche findet die feierliche Göttliche Liturgie statt. Mit einer Prozession kehren sie wieder ins Klostergut in Theológos zurück. Dort wurden sie viele Jahre lang aufbewahrt bis das Kloster des Erzengels gegründet wurde, wo man sie heute hütet.

Kurz nach der zweiten Auffindung erkrankte ein Priester Anastásios aus einem bulgarischen Dorf schwer, und als er die Macht des kostbaren Nagels anrief, wurde er sofort gesund.

Als tiefer Dankbarkeit für seine Heilung und damit die Erinnerung des Wunders, welches geschehen war, unauslöschlich bleibt, umkleidete er die Ikone des Erzengels Michael mit einem silbernen Exaptérygon (welches die sechsflügeligen himmlischen Wesen darstellt) und fügte auch das Stück des kostbaren Nagels zusammen mit dem Kreuz hinzu, damit sie ein Schutz aller Orthodoxen Christen ist. So wird es bis heute bewahrt.

Wir sehen also durch all dieses, dass nach göttlichem geheimnishaften Heilshandeln mitten in unserer so krisenhaften Epoche durch ein besonderes Wohlwollen und eine Fürsorge für die Insel Thásos unser allheiliger Gott, “der allein Wunder tut”, uns einen großen Freund, Helfer und Verteidiger geschenkt hat, den Allgroßen Anführer der Engel Michael. “Gott der Schöpfer setzte ihn als Vorsteher unseres Ortes ein, damit er für uns sorgt und uns hilft”, entsprechend einem Wort des heiligen Ioánnis Damaskinós.

Seine Wunder waren und sind unzählbar. Er hört und hilft sofort, wer auch immer mit Glaube und Liebe zu ihm ruft. Er erscheint den Meisten lebendig in soldatischer Kleidung und erfüllt zum Nutzen der Seele ihre Wünsche oder heilt die unheilbaren Krankheiten oder weist auch zurecht und tadelt, um auf den Weg der Bekehrung und Rettung zurückzuführen.

Für Thásos und besonders für das Dorf Theológos ist er der Beschützer und unentgeltliche Arzt der Gläubigen zusammen mit dem kostbaren Nagel. In allen ihren Schwierigkeiten suchen sie bei ihm Zuflucht. Es ist bemerkenswert, dass auch wenn ihre Kinder weggehen um ihren Wehrdienst beim Militär abzuleisten, sie zuerst einen Agiasmós (Weihwassergottesdienst) mit der Kostbarkeit machen und mit diesem Segen aufbrechen.

Wenn man das Wort “Heiliger” oder “Erzengel Michael” sagt, meint man den kostbaren Nagel zusammen mit dem Erzengel, der auf der Ikone im Exaptérygon (sechsflügelige metallgetriebene Scheibe) dargestellt ist. Im Bewusstsein der Leute sind diese beiden Bedeutungen völlig gleichbedeutend, und deshalb bezeichnen sie dieselbe Sache: einen tiefen, einfachen und unverfälschten Glauben an den Erzengel, der ihnen den Segen des kostbaren Nagels unseres Christus auf der Insel geschenkt hat.

Wunder des Erzengels Michael auf Thasos

 

Aus dem Griechischen von p. Martinos