Das Gleichnis vom Großen Festmahl
Predigt zum 11. Lk-Sonntag
Von Gott begeistert und geleitet vom Heiligen Geist legten die heiligen Kirchenväter die Lesung des Gleichnisses vom Großen Festmahl (Lk 14,15) in die Zeit des Advents, zwei Sonntage vor dem Fest der Geburt unseres Herrn und Retters Jesus Christus. Wie ein glänzender facettenreicher Diamant von unschätzbarem Wert, erstrahlt es in vielen treffenden Bildern für den Leser des heiligen Wortes Gottes.
Einer aus dem Gefolge Christi, gerührt von den feierlichen Lehren unseres Herrn, die er aber nicht ganz verstanden hatte, meinte es gut als er sagte: „Selig ist jeder, der im Reich Gottes Sein Brot essen wird“. Als unser Herr bemerkte, dass dieser Mann und die Pharisäer, die mit ihm waren, stillschweigend annahmen, dass ins Reich Gottes eingeladen zu sein dasselbe sei, als drin zu sein, beginnt unser Herr Sein Gleichnis. Seine Absicht ist, die Juden, und durch sie uns, zu lehren, wer auch immer sich rühmt nahe dem Reich Gottes zu sein, kann, wenn er nicht gehorsam ist, weit entfernt von ihm oder sogar ausgeschlossen sein. „Ein Mann veranstaltete ein großes Festmahl und lud viele dazu ein.“
Wenn jemand damals in Palästina ein Fest plante, wurde dieses Ereignis schon lange vorher bekanntgegeben. Die Einladungen wurden versandt und als angenommen bestätigt. Wenn der Tag schließlich kam und alles vorbereitet war, wurden die Diener nochmals ausgesandt, um die schon geladenen Gäste zu rufen. Die Einladung angenommen zu haben und sich dann zu weigern ihr zu folgen, wurde als Beleidigung angesehen.
Im Gleichnis ist Gott der Einladende, die ursprünglich eingeladenen Gäste sind die Juden, die während ihrer ganzen Geschichte den Tag erwartet haben, an dem Gott sie rufen würde. Aber als Gott rief, weigerten sie sich tragischerweise Ihm zu folgen. Die Armen, die auf der Straße und den Plätzen der Stadt aufgelesen wurden, die Krüppel, Blinden und Lahmen sind die Zolleinnehmer und Sünder, die kamen und unseren Herrn auf eine Art willkommen hießen, wie die Juden es nie taten. Die auf den Landstraßen und von Feldhecken aufgelesen wurden, sind die Heiden, für die immer noch Platz war beim Festmahl Gottes. Erst als die Juden die Einladung Gottes verweigert hatten und ihr Platz an der Festtafel leer blieb, erging die Einladung an die Heiden.
Die Anweisung an die Diener im Gleichnis, die manchmal sehr missverstanden wird, „... nötige die Leute zu kommen, damit mein Haus voll wird“, zeugt nur von der großen Liebe Gottes für uns alle, und dass er alles tun will, um Seine Schöpfung zu retten. Dazu müssen wir auch die Worte des Hl. Paulus fügen: „Denn die Liebe Christi drängt uns“ (2Kor 5,14). Im Reich Gottes gibt es nur eine Pflicht und das ist die Pflicht Seiner nicht enden wollenden Liebe zu uns.
Das Gleichnis spricht vom Zorn des Herrn auf die Juden, die Gottes Einladung nicht befolgten, aber den Sündern, Verstoßenen und Heiden, die sich nie ein solches Geschenk erträumt hatten, brachte es Freude. Es offenbart auch die großen Wahrheiten, die für immer unveränderlich sind und doch immer neu und lebenswichtig für das Heute. Im Gleichnis hatten die Eingeladenen ihre Ausreden und leider werden diese Ausreden von der Menschheit auch noch heute mit nur kleinen Änderungen vorgebracht.
„Aber einer nach dem andern ließ sich entschuldigen!“ Der Diener besuchte jeden einzeln und erhielt individuelle Antworten. Es gibt keinen Grund zu glauben, dass sie sich abgesprochen hätten ihren Gastgeber gemeinsam zu beleidigen. Sie antworteten zwar nicht im Einvernehmen, aber in Übereinstimmung. Sie waren von einer Art; obwohl sie einzeln antworteten, antworteten sie doch ähnlich. Obwohl sie unterschiedliche Personen waren, geprägt von unterschiedlichen Umständen, waren sie doch von einer Art. Wie Vögel der gleichen Art Nester aus gleichem Material und in gleicher Form bauen, so wird auch der menschliche Geist, der der Natur nach Gott hasst, im Wesentlichen dieselbe Frucht hervorbringen, wo immer er auch wirkt. In einem entfremdeten Herzen herrscht großer Unwille, bei oder nahe Gott zu sein. Folglich plant es Mauern, das Gewissen von der Sicht auf Gottes Heiligkeit abzuschirmen.
Als die Armen zum Festmahl eingeladen wurden, beeilten sie sich zu kommen. Wenn wir zum göttlichen Festmahl eingeladen werden, fangen wir an nach Ausreden zu suchen. Der Erste sagte: „Ich habe einen Acker gekauft und muss jetzt gehen und ihn besichtigen“. Der heilige Gregor der Große schreibt dazu: „Mit dem Acker ist das Irdische gemeint. So geht der zu ihm, der aus Gewinnstreben nur an weltliche Dinge denkt.“ Er lässt die Anforderungen des Geschäfts den Platz der Anforderungen Gottes einnehmen. Wie viele von uns sind so in die Dinge dieser Welt vertieft, dass sie wenig Zeit haben für Gottesdienst und Gebet? Indem wir den Mammon verehren haben wir den Dreieinigen Gott vergessen. Wir sind vom schmalen Pfad der Rechtschaffenheit abgekommen.
Der Zweite sagte: „Ich habe fünf Ochsengespanne gekauft und bin auf dem Weg sie mir genauer anzusehen.“ Der heilige Augustinus schreibt dazu: „Mit den fünf Ochsengespannen sind die fünf Sinne gemeint. Durch sie werden irdische Dinge gesucht.“ Er ließ die Anforderungen des Neuen den Platz der Anforderungen Gottes einnehmen. Das ist oft der Fall, wenn wir etwas Neues erwerben. Wir werden so von ihm in Anspruch genommen, dass die Anforderungen von Gottesdienst und Gott aus unserem Leben verdrängt werden. Wir erwerben ein Boot für die Freizeit oder vielleicht eine Hütte an einem weit entfernten Ort. Dann suchen wir nach Ausreden: „Wir würden ja gerne zur Liturgie kommen, aber …“. Es ist so gefährlich leicht für ein neues Spiel, ein neues Hobby oder auch eine neue Freundschaft uns so in Beschlag zu legen, dass es uns von Gott fernhält.
Der Dritte sagte mit noch größerer Entschiedenheit: „Ich habe geheiratet und kann deshalb nicht kommen.“ Eines der Gesetzes des Alten Testaments sagt: „Wenn jemand kürzlich eine Frau geheiratet hat, soll er nicht in den Krieg hinausziehen und es soll ihm keinerlei Aufgabe auferlegt werden. Ein Jahr soll er frei sein in seinem Haus; er soll seine Frau erfreuen, die er geheiratet hat“ (Dt 24,5).
Zweifelsohne dachte der Mann genau an dieses Gesetz. Es ist eine der großen Tragödien des Lebens, dass wir „guten Dingen“ erlauben die Anforderungen Gottes zu verdrängen. Es gibt nichts Schöneres als ein Zuhause. Und doch war es nie so gemeint, dass das Zuhause egoistisch benutzt werden darf. Die leben am Besten zusammen, die mit Gott im Herzen leben. Die dienen einander am Besten, die auch ihren Mitmenschen dienen. Die Stimmung in einem Haus ist am heiligsten, wenn alle als Glieder der großen Familie und des Hauswesens Gottes darin wohnen.
Der Herr benutzte Symbole um Seine Absicht klarer zu machen, wenn sie zu tiefgründig war, um vom Volk verstanden zu werden. Das Symbol des Festmahls lässt sich in zweifacher Weise auslegen. Es kann als das Himmlische Festmahl gesehen werden, das alle erwartet, die zum Reich Gottes berufen sind und eingelassen werden. Es ist aber auch zu sehen als das Mystische Abendmahl, das uns durch die Kommunion angeboten wird. Die Jünger Christi wussten, dass die Ankunft Gottes durch den „Messias“ schon lange Zeit als „Fest“ für Sein Volk beschrieben wurde, bei dem sie verkünden würden: „Siehe, unser Gott – auf Ihn hofften wir, und wir jubelten über unsere Rettung“ (Jes 25,9).
Liebe Freunde, wir sind nun mitten in der Adventszeit. Das ist eine Zeit der großen Erwartungen und Vorbereitung. Es ist die Zeit, in der Gott uns allen die freudvolle Gelegenheit bietet erneuert zu werden. Aber es ist auch die Zeit, in der wir alle nur zu gerne Ausreden suchen. Unser Herr wird in uns neu geboren und wir werden „gerufen“ dem Stern der Weisen zu folgen, der Jungfrau Maria und dem Christuskind Obdach zu bieten, unseren Platz zwischen den Schäfern und ihrer Herde einzunehmen, und an Seinem Mystischen Abendmahl teilzunehmen. Er wird uns einladen, aber wir müssen die Einladung annehmen und befolgen. Wir dürfen keine Ausreden haben. Wir können Ihn nicht wirklich anbeten, wenn unser Gebet nicht mehr ist als nur Worte. Eine grundlegende Wahrheit findet sich an der Wand einer mittelalterlichen Kirche:
Gott der Herr spricht zu dir …
Du nennst Mich ewig – aber du suchst Mich nicht …
Du nennst Mich allmächtig – aber du fürchtest Mich nicht …
Du nennst Mich gnädig – aber du verehrst Mich nicht …
Du nennst Mich das Licht – aber du suchst Mich nicht …
Du nennst Mich den Weg – aber du gehst Mich nicht …
Du nennst Mich die Wahrheit – aber du glaubst Mir nicht …
Du nennst Mich das Leben – aber du willst Mich nicht …
Du nennst Mich lieb – aber du liebst Mich nicht …
Du nennst Mich Herr – aber du dienst Mir nicht …
Wenn Ich dich verurteile, tadle Mich nicht.
Das ist nur allzu oft wahr – ist es nicht schrecklich, dass es wahr ist? Wie kann ein solcher Abgrund entstehen zwischen den Worten, die so leicht über die Lippen gehen und unseren Taten? „Bitte, entschuldige mich.“ Wenn wir wahrhaftig beten, dann müssen wir auch dem Ruf zu dienen folgen. Sonst müssen wir die bekümmerte, doch verurteilende Stimme hören: „Was sagt ihr zu mir: Herr! Herr!, und tut nicht was ich sage?“(Lk 6,46).
Lasst uns keine Ausreden erfinden – lasst uns Seine Einladung annehmen!
Quelle: www.goarch.org/resources/sermons/sermons/sermon20/ Übers.a.d.Engl.: Gerhard Wolf im Andreasboten Dez. 2013, 8-10
Vr. George C. Massouras